Heute vor neun Jahren, am 26.11.2011, eröffnete ich meine Praxis in Berghofen. Seitdem ist einiges geschehen:
Finanzkrise, Klimakrise, Migrationskrise, Coronakrise. Man hat den Eindruck, irgendjemand erfindet immer wieder irgendwelche Krisen um uns das Leben schwer zu machen oder uns zur Kasse zu bitten. Persönlich gab es viele Ereignisse: Geburt meiner Tochter, persönliche Veränderungen. Die Praxis wuchs bis 2017 stetig, dann zerschmetterte ich mir mein linkes Handgelenk und lange war nicht klar, ob und wie ich meinen Beruf weiter ausführen können würde. Drei Operationen und viel Eigeninitiative später war klar: Alles ist möglich, wenn man es knallhart durchzieht. Die Praxis dankte es mir, indem sie ab 2018 wieder stetig weiter wuchs. Zeitweise arbeitete ich sogar mit Unterstützung. Dann kam die Coronakrise und hat alles auf den Kopf gestellt. Für uns alle. Allerdings konnte ich dieses Jahr dank Corona meine betrieblichen Abläufe soweit optimieren, dass mein geliebter Job wieder mehr Freude als Notwendigkeit wurde. Geld ist eben nicht alles. Deshalb war mir die Corona-Situation durchaus nützlich und ich bin ebenso dankbar dafür, wie für die Erfahrung mit meinem Handgelenk. Ob ich dies Erfahrungen noch mal machen möchte, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Wir Heilpraktiker dürfen also immer noch ungestraft Schaden an unseren Patienten anrichten, weshalb der Zulauf in unsere Praxen offensichtlich nicht abreißt. Das hat dann sowohl verschiedene NGO´s als auch die Politik selber dazu veranlasst, endlich konsequent gegen die Heilpraktiker aktiv zu werden. Bis zum heutigen Tage ist vom Inhalt des Rechtsgutachtens zum Heilpraktikergesetz, in Auftrag gegeben durch die Bundesregierung, noch nichts vernommen worden, aber ich denke, es wird uns alle umhauen. Würde man die Ärzteschaft für jeden Fehltritt eines einzelnen Arztes so in Sippenhaft nehmen, wie man es derzeit mit den Heilpraktikern macht, wäre unsere Gesundheitssystem längst zusammen gebrochen. Aber auch die Abschaffung der Heilpraktiker (ob das überhaupt so einfach ist?) hätte gravierende Auswirkungen auf das gegenwärtige Gesundheitssystem. Tatsächlich sind die Behandlungsfehler durch Heilpraktiker verschwindend gering. Und der Vorwurf des Schadens durch Unterlassung, nämlich es als Heilpraktiker zu unterlassen, einen Patienten notwendiger Weise zum Arzt zu schicken, halte ich für übertrieben. Wir kennen unsere Grenzen. Auch wenn Skeptiker mantraartig etwas anderes behaupten. Ich vermute, kaum einer von jenen war jemals bei einem Heilpraktiker, und wenn doch, nach einer schlechten Erfahrung, sollte die Konsequenz nicht der Verriss eines ganzen Berufsstandes bedeuten. Das macht man in anderen Branchen schließlich auch nicht so. Dinge nur noch abstrakt durch Hörensagen, Medien oder Glauben zu wissen, ist derzeit sehr in Mode. Man nennt dass das postfaktische Zeitalter. Wir werden noch etwas damit leben müssen.
Wussten Sie im Übrigen, dass der Beruf des Politikers in Deutschland absolut keine Qualifikation oder Sachkenntnis erfordert? Jeder kann in die Politik. Man hat dann eben Berater. Und leider sieht man insbesondere in der heutigen Zeit, dass viele Politiker offensichtlich nicht durch Leistung in ihre Positionen gekommen sind. Bevor man also den Beruf des Heilpraktikers reformiert, sollte man vielleicht als erstes IRGENDWELCHE Kriterien schaffen, die politische Ämter regulieren …
Als ehemaliger Geschichtsstudent halte ich derzeit sehnsüchtig nach einem neuen Bismarck Ausschau. Nichts in Sicht …
In der Regel kommen meine Patienten austherapiert und hilflos nach einer Odyssee von Arztbesuchen in meiner Praxis an. Daher sind die Herausforderungen oft groß, ebenso wie die Erwartungen. Diesen gerecht zu werden, ist nicht immer einfach. Besonders in letzter Zeit wurde es immer häufiger notwendig, Patienten klar zu machen, dass sie keinen „psychischen Knacks“ haben, sondern dass es tatsächlich eine Ursache für ihre Beschwerden gibt. Offensichtlich werden immer öfter Patienten mit dem Vermerk „das ist psychisch bedingt“ abgearbeitet. Ein Offenbarungseid.
Leider ist diese damit häufig verbundene Hoffnungslosigkeit einzelner Menschen ebenso ein Phänomen unserer Zeit.
Insbesondere wäre da natürlich aktuell wieder diese leidige Corona-Krise als Verursacher solcher Hoffnungslosigkeit bei immer mehr Menschen. Es ist erschreckend, wie man bei Menschen, nicht nur Patienten, derzeit die psychischen Veränderungen sehen kann, welche durch die Corona-Situation erzeugt werden. Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit bis hin zu Wut und Aggression. Ich kann Ihnen nur raten: machen Sie den Fernseher aus und legen Sie die Zeitung beiseite. Oft ist das der erste Schritt, zur Ruhe zu kommen.
Letzten Endes werden wir sterben. So oder so. An Corona, Krebs, an der Impfung, die in kürzester Zeit aus dem Handgelenk geschludert wurde oder einfach alt, zufrieden und im Bett. Deshalb versuchen Sie es einfach mit Vertrauen. Haben Sie Vertrauen in sich und ihre Gesundheit. Dazu gehört natürlich, dass Sie sich um ihre Gesundheit kümmern, denn außer Impfung und Lockdown hat die Politik nichts mit Ihnen vor. So geht Fürsorge. Wenn es um Corona geht, seien Sie hingegen verantwortungsvoll, denn es gibt immer für jeden die Möglichkeit, krank zu werden. So, wie es immer für jeden die Möglichkeit gibt, durch einen Unfall ums Leben zu kommen. Wir können leider nicht für jeden Fall gewappnet sein. Wenn Gott uns bei sich haben will, wird er uns zu sich holen. Mit oder ohne Corona. Jung oder alt, krank oder Gesund. Wir können das maximal mit einer gesunden Lebensweise beeinflussen. Vertrauen ist in jedem Fall gesund.
Ich sagen Ihnen: ich sehe optimistisch in die Zukunft. Leider muss noch einiges geschehen. Aber genau das passiert gerade.
Ich bedanke mich für die letzten neun Jahre Treue vieler Patienten und bin dankbar für jeden neuen Patienten, der den Weg in meine Praxis findet und diese dann hoffentlich zufrieden verlässt. Die Tatsache, dass ich nach neun Jahren immer noch da bin, spricht dafür, dass das mehrheitlich so ist.
Wir werden sehen, ob ich in weiteren neun Jahren immer noch für Sie als Heilpraktiker da sein werde, oder wohin die Wege so führen. Wir müssen auf alles vorbereitet und für alles offen sein.
Vielen Dank!